Historische Entwicklung

Historische Entwicklung

„Schon in der Frühzeit der Kirche war es Brauch, Jungfrauen zu weihen. Daher wurde ein feierlicher Ritus geschaffen, durch den die Jungfrau zu einer gottgeweihten Person wird, zu einem Zeichen, das auf die Liebe der Kirche zu Christus hinweist, und zu einem Bild für die endzeitliche himmlische Braut und für das künftige Leben“ (OCV Allgemeine Einführung I, Nr. 1).

Im Lauf des 4. Jahrhunderts bildet sich der Ritus der Jungfrauenweihe vollständig aus. Der Vorsatz der Jungfräulichkeit wurde in einer feierlichen Liturgie vom Bischof entgegengenommen. Auch wenn in dieser Zeit kein Weihegebet dokumentiert ist, ist davon auszugehen, dass es ein solches gegeben hat. Es kann von einer fortschreitenden Ritualisierung ausgegangen werden. Von einem privaten Vorsatz der Jungfräulichkeit wird eine öffentliche, vom Bischof gespendete Weihe i.V.m. der Entgegennahme des Schleiers in der Kirche gefeiert. Ursprünglich gab die Verschleierung der Jungfrauen (velatio virginum) der Weihe den Namen.
Durch den Hl. Ambrosius von Mailand erfahren wir von der Jungfrauenweihe seiner Schwester Marcellina, die im 4. Jhd. im Petersdom in Rom unter Vorsitz des Papstes am Weihnachtstag stattfand. Aus den ambrosianischen Texten wissen wir, dass an Ostern das Sakrament der Taufe und die Verschleierung der Jungfrauen gefeiert wurden, die auch mit einer Einkleidung einherging.
Seit der Synode von Karthago (390) ist die öffentliche und feierliche Weihe dem Bischof vorbehalten. Die Synode von Hippo schreibt im Jahr 393 dasselbe vor.
Die ersten christlichen Jungfrauen lebten zurückgezogen in ihren Familien. Sie waren zu festen Stunden des Gebetes verpflichtet, zum Fasten, zur intensiven Beschäftigung mit dem Wort Gottes, zur Arbeit, insbesondere auch zur Sorge für die Armen. Ihr Lebensstil sollte einfach und ihrem Stand angemessen sein.
Nachdem in der Zeit vom 7.-12. Jh. das zönobitische Leben zur vorherrschenden Form des geweihten Lebens geworden war, beschränkte sich die Erteilung der Jungfrauenweihe zunehmend auf Nonnen in klösterlichen Gemeinschaften. In den Orden jedoch wurde der Ritus der Jungfrauenweihe immer mehr durch die feierliche Profess verdrängt; erst im 19. Jh. kam es zu einer Wiederbelebung.

In der Liturgiekonstitution des zweiten Vatikanischen Konzils wird die Überarbeitung des Ritus der Jungfrauenweihe gefordert (vgl. SC 80). Die damit beauftragte Kommission erarbeitete zwei Fassungen, eine für Nonnen (moniales) und eine für Frauen, die mitten in der Welt lebten. Der erneuerte Ritus wurde von Papst Paul VI. approbiert. Die Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung hat am 31.05.1970 den Ritus veröffentlicht, der ab 06.01.1971 in Kraft getreten ist.
Für Frauen, die mitten in der Welt leben, eröffnete sich dadurch ein alter und gleichzeitig neuer Weg in der Kirche, der die Aufnahme in einen öffentlichen Stand des geweihten Lebens in der Kirche (Ordo Virginum) bedeutete.